München – Spanien

München – Spanien

Aufbruch

Im September 2015 haben wir unser Wohnmobil bestellt, oder so etwas Ähnliches wie ein Wohnmobil. Ein Toyota Land Cruiser, HZJ 78, offroad- und weltreisetauglich. Das einzige Auto, das jemals bis zum Nordpol gefahren ist. Schneller als gedacht, vergeht die Zeit, bis wir es abholen können. Wir machen bis dahin eine Alpenüberquerung zu Fuß, reisen in den Iran, Ägypten, Belize und Guatemala. Am 28. Dezember 2015 fahren wir mit bepacktem Mietwagen los, das Auto abzuholen. Wir wollen gleich einladen und losfahren, auf gar keinen Fall Zeit vertun. Zwei Tage Einführung in das Auto mit Reifen wechseln, Abschmieren des Fahrwerks und Fahrtraining. Los geht es. Der Inhaber des Geschäfts, Tom, ist verwundert, dass wir tatsächlich direkt auf Reisen gehen. Die meisten seiner Kunden bereiten sich jahrelang auf eine Reise vor.

Wir fahren los und können noch nicht glauben, dass wir ab jetzt auf einer langer Reise sind. Die Sitzfläche des Autos ist ziemlich hoch und verschafft uns einen guten Überblick, der Einstieg ist dadurch sportlich. Beim Aussteigen sollte man den großen Schritt nach unten besser nicht vergessen.
Für die letzten Tage des Jahres halten wir in der Nähe von Heilbronn auf einer Jagdhütte. Dort feiern wir mit Svenjas Schwester Soni, ihrem Zukünftigen Basti und Freunden Silvester. Auf der Fahrt verdrecken wir das Auto durch das matschige Wetter schon mal von außen. So gefällt es uns deutlich besser, es sah einfach noch zu neu aus.

Der Plan unserer Reiseroute ändert sich laufend. Die ursprüngliche Idee, die Seidenstraße nach China zu fahren, haben wir verworfen. Die Fahrt im Winter über schneebedeckte Pässe in der Türkei und im Iran schreckt uns ab. So entscheiden wir uns, in die Wärme nach Marokko zu fahren. Gemütlich wollen wir auf unserem Weg bis zur Fähre in Gibraltar einige UNESCO Welterbe Stätten Frankreichs und Spaniens besuchen. Es gibt so viel sehenswerte Kultur in Europa, sie wäre schon alleine eine jahrelange Reise wert.

1. Januar 2016, Reisetag: 1
Maulbronn, Straßburg

Über Kloster Maulbronn geht es immer Richtung Südwesten. Die mittelalterlichen Klostergebäude sind sehr gut erhalten. Alle Stilrichtungen und Entwicklungsstufen von der Romanik bis zur Spätgotik sind gut nachzuvollziehen. Die Führung durch die ehemalige Zisterzienserabtei weckt Erinnerungen an den Aufenthalt im Kloster Heiligenkreuz auf unserer Wanderung nach Ungarn. Das frühere Leben der Mönche beeindruckt uns. Der Tagesablauf mit sieben Gebeten, das erste um 1 Uhr nachts, wirkt heute befremdlich. In unserer Vorstellung ist es ein langweiliger, harter Tagesablauf.

Dabei erfahren wir auch, wie die Maultasche erfunden wurde. Der Koch des Klosters versteckte zur Fastenzeit das den Mönchen nicht erlaubte Fleisch in Teigtaschen. So war es weder für die Menschen noch für Gott sichtbar, dachte er. Welcher Schwabe hätte das gewusst? Die Waschechten nennen sie deswegen auch „Hergotts Bescheisserle“. Heute befinden sich in den Gebäuden Verwaltungsämter und ein humanistisches Internat. Dessen berühmtester Schüler war Hermann Hesse, der das Kloster zum Ort seines Romans “Das Glasperlenspiel” machte. In dieser Gegend sagen sich heute Fuchs und Hase gute Nacht. Die Abgeschiedenheit ist vermutlich für die Schule recht förderlich, die Jugendlichen kommen hier sicher auf keine blöden Ideen.

Mit maximal 100 km/h tuckern wir weiter über Autobahnen und durch die Dörfer. Die Beschleunigung ist unterirdisch, der Verbrauch dafür horrend. Dafür hat der Motor genug Drehmoment, um im 5. Gang durch die Stadt zu fahren. Bergauf wird der Toyo, mangels Turboaufladung, immer langsamer und lauter. Leidensgenossen berichten im Buschtaxi Forum von Pässen im Karakorum, die trotz Kriechganges nur in Serpentinen zu erklimmen seien. Auf alle Fälle entschleunigt das Auto, das gefällt uns.

Leider ist es in Straßburg so kalt, dass wir nur einen Tag bleiben. Wir schauen uns das Straßburger Münster und dessen Ausstellung an. Es ist bis heute das Wahrzeichen des Elsass. Zudem ist es eines der berühmtesten gotischen Bauwerke. Schon Goethe war begeistert und hat die Gotik als den wahren deutschen Architekturstil gepriesen. Obwohl sie doch aus Frankreich kommt und zuvor von den Mauren aus Andalusien übernommen wurde.  Wir wärmen uns danach in einer Patisserie und genießen den ersten Café Gourmand. Ein Kaffee mit vielen kleinen süßen Leckereien.

Übernachtung: Chateau de Pourtales (4) – wir bewerten für zukünftige Reisende die jeweiligen Unterkünfte nach Schulnoten 1 sehr gut bis 6 ungenügend.

2. Januar 2016, Reisetag: 2
Bourge-en-Bresse

Das eigentlich unbekannte Kloster von Bourge-en-Bresse steht den berühmten französischen Klöstern in Nichts nach. Sein Prunkstück ist das Grabmal Philipp des Schönen, der den Papst von Rom nach Avignon überführte und alle Mitglieder der Templer verhaftete. An einem Freitag, den 13. – seitdem ist dieser Freitag der Unglückstag.

Übernachtung: Le Logis de Brou (4)

3. Januar 2016, Reisetag: 3
Nimes

Es ist immer noch richtig kalt. Mit dem Gedanken “ab in den Süden”, gelangen wir bis in die südfranzösischen Stadt Nimes. Hannes schwitzt etwas bei der Fahrt mit dem ungewohnt großen Auto durch die engen Gassen, aber nach ein paar Runden finden wir einen Parkplatz fernab des Zentrums.

Das Amphitheater und das Maison Carrée, ein umgewidmeter römischer Tempel, lassen uns in eine andere Zeit reisen. Eine anschauliche Führung mit Audio Guide durch das antike Theater erklärt uns den Ablauf der römischen Schauspiele mit ihren Gladiatoren Kämpfen und Tier Hatzen. Es ist unvorstellbar für uns, wie diese Brutalität in vielen Epochen und Gesellschaften als völlig normal angesehen wurde. Wir gehen herrlich französisch Essen und freuen uns über das warme Bett.

Übernachtung: Hotel de L’Amphitheatre (3)

4. Januar 2016, Reisetag: 4
Camargue

Ganz weit weg, so fühlen wir uns in unserer ersten Nacht im Auto am Strand der Camargue. Unter freilaufenden Pferden, Stieren und Flamingos. Es ist stockdunkel draußen und kein Mensch weit und breit. Wir klappen das Dach auf und probieren alles so aus, wie es uns gezeigt wurde. Die Küche wird mit Pasta eingeweiht. Draußen ist es immer noch bitter kalt, deshalb kuscheln wir uns schon um acht ins Bett.

Wir lauschen dem Meer und unserer Standheizung. Es ist ein komisches Gefühl so ganz allein, aber ziemlich gemütlich. Gegen fünf Uhr morgens windet es so stark, dass Svenja Angst hat, das Auto könnte umkippen. Ans Schlafen ist nicht mehr zu denken. In aller Eile schließen wir das Dach und suchen mit den unglaublich hellen Extrascheinwerfern des Toyo ein stilleres Plätzchen. Bei der Hauruck Aktion verrenkt sich Hannes den Rücken, als er alleine das Dach aufmachen will. Dank Arnika brauchen wir keinen Arzt, aber es dauert einige Tage bis er wieder ganz aufrecht gehen kann. Viel später bekommen wir von anderen Reisenden den Tipp, wie man es richtig macht. Sogar Svenja kann es jetzt alleine. Auf dem Rücken liegend, mit den Beinen gegen das Dach drückend, geht es kinderleicht.

Übernachtung: Camping am Strand, Plage de Beauduc (2)

5. Januar 2016, Reisetag: 5
Montpellier

Helene, eine französische Freundin aus Svenjas Kindergartenzeit, wohnt seit einigen Jahren in Montpellier. Der Stopp ist dadurch festgelegt und wir verbringen einen schönen Tag in der Stadt und ein gutes, lustiges Abendessen zu viert. Hannes ist beeindruckt, wie gut sich Choin, Helenes Mann aus China, mit Klassischer Musik auskennt. Die beiden tauschen sich den ganzen Abend rege aus. Hannes meint, Chinesen seien  genetisch bedingt doch intelligenter als wir. Unvorstellbar, welch ein extrem tiefgehendes Wissen viele Asiaten über europäische Kultur haben. Helene und Svenja amüsieren sich über die Beiden.

Übernachtung: Hotel du Parc (2)

6. Januar 2016, Reisetag: 6
Corca

Über die Küstenstraßen fahren wir am folgenden Tag weiter bis zur spanischen Grenze. Endlich wärmen uns die ersten Sonnenstrahlen genug für einen Kaffee im Freien.

Die französischen Dörfer liegen charmant an der Küste. Svenja erprobt die Kurven und strapaziert dabei die Kupplung. Trotz Dunkelheit fahren wir weiter, wir haben uns vorgenommen, möglichst nicht im Dunklen zu fahren, bis wir weit im Hinterland ein charmantes Bed&Breakfast finden. Schon an der Tür begrüßt uns freudigst ein grauer Wisch Mob, der portugiesische Wasserhund „Pomelo“. Da fühlen wir uns gleich richtig wohl.

Übernachtung: Casa Matilda Bed and Breakfast (1)

7.- 8. Januar 2016, Reisetag 7-8
Valencia

Der nächste Stopp ist Valencia. Über Booking.com reservieren wir erst ein kleines Apartment in der Altstadt und müssen dann feststellen, dass durch die kleinen Gassen kein Durchkommen mit unserem Buschtaxi ist. Vom langen Umhersuchen und der Fahrweise der Spanier ziemlich genervt, fährt Hannes aus der Stadt. Wir finden am Rande des Zentrums doch noch ein tolles Hotel und leckere Tapas.

Statt mit Buschtaxi geht es nächsten Tags mit dem Bus in die Stadt zum Frühstück. Valencia gefällt uns gut. Wir sind begeistert von der Markthalle, ein gelungenes Werk des Modernisme, der spanisches Form des Art Deco. Die unzähligen Stände mit schön präsentierten Lebensmittel, die nur frische Gerichte anbietenden Restaurants und die kleinen hübschen Cafes werden offensichtlich gerne besucht. Wir fragen uns, warum das in der Schrannenhalle in München nicht funktioniert.

Das bedeutendste alte Bauwerk der Stadt ist die Lonja de la Seda, die ehemalige Seidenbörse. Sie gilt als eines der bedeutendsten Beispiele der Gotik in Spanien. Der ausgiebige Besuch mit Audioguide lohnt sich, besonders die Säulenhalle fasziniert uns.

Wir besuchen noch das Kunstmuseum auf der Suche nach guten Bildern, diese finden wir dort nur vereinzelt. Im Stadtpark können wir nachmittags wunderbar die vier Kilometer zurück zu unserem Hotel laufen. Dabei kommen wir an den vielen Bauwerken des Architekten Santiago Calatrava vorbei, die das Stadtbild des modernen Valencia unverwechselbar machen.

Svenja ist gegen 19.30 Uhr dem Hungertod nahe. Die spanischen Essgewohnheiten stoßen bei ihr auf großes Unverständnis. Hier gibt es, wenn überhaupt um diese Uhrzeit, kleine Tapas und erst ab 22:00 wird richtig Essen gegangen. Wir starten mit einem kleinen Sandwich und kommen an einem italienischen Lokal vorbei. Die Pasta ist ungenießbar und Hannes amüsiert sich den ganzen Abend, während er nur Brot und Oliven isst. Er hatte Svenja erfolglos davor gewarnt, dass man in Spanien auf keinen Fall italienisch essen gehen dürfe.

Im Hotel beschäftigen wir uns noch mit der Möglichkeit, weiter als Marokko zu fahren, nach Mauretanien. Es gibt viele verschiedene Angaben zu den Visabestimmungen und der angeblich schwierigen Grenze, je nachdem bei welcher Botschaftsseite man liest. Wir verlassen uns eher auf aktuelle Erfahrungen anderer Reisender und freuenden uns schon mal mit der Idee an, auch dieses Land zu besuchen.

Übernachtung: Hotel Ilunion Aqua (3)

9. Januar 2016, Reisetag: 9
Águilas

Bisher haben wir, unserem Plan entsprechend, hauptsächlich in kleinen Hotels oder Bed&Breakfast geschlafen. Im Auto wollen wir vor allem in einsamen Gegenden übernachten. Oder wenn die im Hotel angebotenen Kakerlaken die schlechtere Alternative sind. Gegen 15 Uhr scheint die Sonne aber so stark, dass wir Lust auf Camping bekommen. Wir suchen einen Campingplatz aus, der auf der eigentlich empfehlenswerten Camping App „Park4Night“ beschrieben ist. Hannes möchte gar nicht aussteigen, als er das sieht: 200 große Plastikwohnmobile, im Fachjargon der Offroader verächtlich „Joghurt-Becher“ genannt, sind so dicht aneinandergestellt, dass man den Nachbarn schnarchen hören muss. Drum herum jede Menge Rentner beim Kartenspielen mit Dosenbier. Bloß schnell weg hier, so haben wir uns den romantischen Campingplatz am Meer nicht vorgestellt. Es läuft dann doch auf ein Hotel hinaus, da wir keinen wilden Platz finden. Das Abendessen im Hotel entschädigt uns und Svenja wird endlich richtig satt.

Übernachtung: Hotel Puerto Juan Montiel (3)

10.-11. Januar 2016, Reisetag: 10-11
Granada

Auf unsere Reise fällt auf, wie hässlich der Großteil der spanischen Küste ist. Es ist kein charmantes Dorf wie in Frankreich oder Portugal zu finden, alles ist mit Betonburgen zugebaut und völlig überlaufen. Der spanische Denkmalschutz hatte früher scheinbar keine große Bedeutung. Fährt man  etwas ins Landesinnere, findet man jedoch traumhafte Landschaften. Auf der Straße Richtung Granada liegen rechts und links von uns vertrocknete Hügellandschaften. Durch diese haben wir einen tollen Blick auf die verschneiten Gipfel der Sierra Nevada. Das Licht und die Stimmung bei untergehender Sonne sind fantastisch.

Wir machen Halt an der Alhambra. Ihr Hintergrund ist eine faszinierende Geschichte und mal wieder verwundern uns die Sitten anderer Zeiten. Ein maurischer Herrscher baute sich eine aufwändig und extrem geschmückte Palastanlage mit eigener Festungsmauer und bis heute weltberühmten Gärten. Eine kleine Stadt, abgeschottet vom Volk.

Übernachtung: Guadalupe Hotel (2)

12.-17. Januar 2016, Reisetag: 12-17
Málaga

Das schlechte Radio im Auto beantwortet die Frage, was wir als nächstes machen. Ohne gute Musik nach Afrika fahren? Undenkbar für uns. Vor allem Hannes weigert sich, ohne seine tägliche Portion Opernmusik zu reisen. In der Nähe von Málaga suchen wir eine Fachwerkstatt, vereinbaren einen Einbautermin in vier Tagen und ziehen in ein gemütliches Bed&Breakfast “At Home”, von dem aus wir alles organisieren können. Hier fühlen wir uns wirklich zuhause. Wir sind die einzigen Gäste und teilen uns das Haus mit den Eigentümern. Diese kommen aus Chile und sind zur Ausbildung ihrer vier Töchter nach Spanien ausgewandert. Wir werden rundum bestens versorgt und haben endlich Zeit, uns mit unserer Internet Seite zu beschäftigen.

An einem Nachmittag schlendern wir durch die Gassen Málagas. Die Kathedrale, Umbau einer Moschee, zeigt so ziemlich sämtliche Bauformen. Sie sieht etwas gewöhnungsbedürftig aus. Nach ein paar Tapas in der Sonne am Hauptplatz zieht es uns noch in das Picasso Museum. Das Museum mit einer Sonderausstellung über die deutschen Expressionisten bekommt von Hannes die Note hervorragend, was eine Seltenheit ist. Ein wird ein gemütlicher Tag in der schönen Stadt.

Freitags fahren wir vormittags das Auto in die Werkstatt, Auto Radio Moreno. Ein Teil wird erst gegen Mittag geliefert, wir stellen uns auf einen langen Tag ein. Der Auftrag ist für Jesus, dem Inhaber des Betriebs, herausfordernd. Nicht nur, dass er ein so massives Auto noch nie hatte, der Einbau der Anlage muss auch noch vor der Werkstatt erfolgen, auf dem Bürgersteig in der Innenstadt. Das Buschtaxi ist mit seinen 2,70 m zu hoch für die Werkstatt. Ein Umstand, der auch jede Tiefgarage für uns unbrauchbar macht.

Gegen 14 Uhr schauen wir wie vereinbart wieder vorbei und müssen lachen. Von zwei bis fünf ist Siesta, alle Geschäfte sind geschlossen. Auch Jesus ist vermutlich beim ausgiebigen Mittagessen. Allen vorherigen Bedenken zum Trotz ist das Resultat aber gut. Ein perfekter Einbau, alle Kabel sind unsichtbar verlegt. Wir sind nun vermutlich auch das einzige Buschtaxi weltweit mit Android Auto System. Die Erfahrung nehmen wir mit für sicher noch kommende Erlebnisse. Hat man Zeit, löst sich so manches Problem von selbst. Und andere Länder haben einen anderen Umgang mit Zeit.

Übernachtung: Bed&Breakfast At Home in Málaga (1)

Für zwei Wochen müssen wir zurück nach München und stellen das Auto am Flughafen Málaga sicher ab bei: Costa Golf Parking, 49.- Euro für 2 Wochen inklusive Auto Waschen und Shuttle zum Flughafen.